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Erfahrungsbericht Praxissuche Teil 1

Erfahrungsbericht aus meiner Tätigkeit als Praxisberater. Die Aufgabenstellung lautet: Suche eine geeignete Zahnarztpraxis für eine junge Zahnärztin. In der nächsten Zeit werde ich an dieser Stelle in loser Abfolge über diesen Mandantenauftrag zur Suche nach einer übernahmefähigen Einzelpraxis für Zahnmedizin berichten. Meine Mandantin stellte mir dabei folgendes Anforderungsprofil: die Praxis soll sich in einer Entfernung von maximal 20 km rund um den Wohnort befinden. Aus familiären Gründen kommt eine längere Anfahrtsstrecke zum neuen Arbeitsplatz nicht in Betracht. Macht aus meiner Sicht auch gar keinen Sinn da lange Anfahrtswege viel Zeit benötigen und die Praxis in dieser Zeit keinen Umsatz erwirtschaftet. Wer den Markt insbesondere in den attraktiven westdeutschen Metropolen etwas genauer kennt, wird schnell feststellen, das dies eine nicht ganz einfache Aufgabe ist. Junge Zahnärzte zieht es bei der Existenzgründung nach wie vor in die angesagten Großstädte, da dort augenscheinlich beste Bedingungen vor herrschen. Sicherlich, für junge Familien bieten die Großstädte zahlreiche, kulturelle und bildungstechnische Möglichkeiten die in ländlichen Gegenden so meist nicht zu finden sind. Auf der anderen Seite sollte man sich darüber im klaren sein, das gerade in den angesagten Stadtteilen die Konkurrenz ungemein grösser ist als dies auf dem Land der Fall sein wird. Vor diesem Hintergrund stellt sich dabei eher die Frage nach dem Persönlichkeitsprofil des Existenzgründers. Bin ich möglicherweise ein Mensch der sich gegenüber der Konkurrenz tagtäglich durch setzen kann? Dieser kleine aber feine Unterschied sollte in jedem Falle vor der Standortfrage geklärt werden. Um diese Frage für sich persönlich klären zu können, sollte Mann/Frau die Lage gut durch denken. Die Suche nach einem guten Praxisstandort ist meiner Auffassung nach existenziell. Ein Praxisstandort ohne positive soziodemographische und sozioökonomische Merkmale ist auf Dauer kein gute Einnahmequelle. Zum Thema "Standortsuche" hatte ich in den letzten Jahren bereits einige Seminare für angehende Zahnärzte durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass eine fundierte Standortanalyse eine äußerst wichtige Angelegenheit ist. Neben einigen soziodemographischen Merkmalen, wie z.B. die zukünftige Bevölkerungsentwicklung, das Durchschnittsalter, die Kaufkraft oder der zu erwartende Zuzug junger Familien sichern das zukünftige Einkommen am Praxisstandort ab. In den vielen Jahren meines beruflichen Wirkens schaue ich mir bereits bei der Anfahrt zum Praxisstandort die nähere Umgebung sehr genau an. Wie wohnen die Menschen Vorort? Möglicherweise in Ein und oder Zweifamilienhäusern. Welche Fahrzeuge stehen vor der Haustür? Wie ist die Infrastruktur Vorort beschaffen, gibt es Schulen und genügend Einkaufsmöglichkeiten? Komme ich hingegen in eine Gegend mit vielen Hochhäusern ist klar, das dort die Bereitschaft für Zuzahlerleistungen kaum bis gar nicht vorhanden sein wird. Selbst wenn diese Praxis 500 bis 600 Scheine im Quartal aufweist, würde dies niemals die fehlenden Zuzahlerleistungen kompensieren können. Ganz zu Schweigen von einem fehlenden Privatklientel. Der niedergelassene Zahnarzt/Zahnärztin erwirtschaftet mehr als die Hälfte des Praxisumsatzes über Privateinnahmen und aus Zuzahlerleistungen. Auf den reinen GKV-Umsatz entfallen dabei ca. 45% was einen Durchschnittsumsatz von ca. 270.000 € p.a. gleich kommt. Ingesamt erwirtschaftet eine Einzelpraxis ca. 550.000 € p.a. Dabei entfallen auf den Privatanteil bereits ca. 55 %. Vor noch nicht langer Zeit bildeten die so genannten Kassenumsätze den weitaus größeren Umsatzanteil gegenüber den Privateinnahmen. Mittlerweile änderte sich das Umsatzverhältnis zugunsten der Privat und Zuzahlerleistungen. Im nächsten Block wird es um konkrete betriebswirtschaftliche Fragestellungen, wie z.B. die Fallzahlen und Fallwerte gehen. Also bis bald.

Erfahrungsbericht Praxissuche Teil 2 

Erfahrungsbericht zur Praxissuche für niederlassungswillige Zahnärzte in einer westdeutschen Großstadt. Thema Heute: betriebswirtschaftliche Rahmenbedingungen einer Zahnarztpraxis. 

Für einen Praxisübernehmer bzw. für eine Praxisübernehmerin sind die Praxiszahlen von entscheidender Bedeutung, daher möchte ich an dieser Stelle auf einige Parameter etwas näher eingehen. Um einen umfassenden Überblick über die Praxiskennzahlen zu erhalten, werden folgende Informationen benötigt: eine BWA, betriebswirtschaftliche Analyse oder auch kurzfristige Erfolgshochrechnung genannt,, bzw. die Praxisbilanzen und GuV Gewinn- und Verlustrechnungen. Beides gehört zusammen und bildet die betriebswirtschaftliche Grundlage zur Praxisführung. Die Praxisbilanz ist eine Gegenüberstellung von Kapitalverwendung (Aktiva) und Kapitalherkunft (Passiva) zum Bilanz- Stichtag. Der Bilanz-Stichtag ist das Ende eines Wirtschaftsjahres. Die Bilanz ist eine Zeitpunkt Betrachtung. Die GuV (Gewinn und Verlustrechnung) hingegen eine Zeitraum Betrachtung. Die GuV zeigt wo und wie Umsatze und Gewinne (auch Verluste) entstanden sind. Zur Analyse der Praxissituation sind beide Teile des Jahresabschlusses Bilanz und GuV einzusetzen. Die GuV ist aussagekräftiger in Bezug auf die Aktivitäten einer Praxis, sie bildet damit die Basis für strategische Zukunftsentscheidungen. Gerade für den Existenzgründer spielen betriebswirtschaftliche Zukunftsentscheidungen eine herausragende Rolle. Im laufenden Wirtschaftsjahr werden fortlaufend aktuelle Zahlen aus der Buchhaltung benötigt. Die zahlenmäßige Darstellung einer laufenden Praxisaktivität wird über eine BWA, "betriebswirtschaftliche Analyse" die monatlich fortlaufend erstellt wird und der GuV "Gewinn und Verlustrechnung" ähnlich ist. Im Unterschied zur GuV weist die BWA jedoch nur ein vorläufiges Ergebnis aus was dem Stand der Buchführung entspricht.
Neben den bereits genannten Unterlagen kommen noch weitere Analyseparameter zum Einsatz. Die Patientenfallzahl und die Fallwerte.
Die Patientenfallzahl gibt an wie viele Scheine eine Praxis im Quartal abrechnen kann.
Um die Patientenfallzahlen überhaupt einordnen zu können, empfehle ich die statistischen Jahrbücher der Bundeszahnärztekammer und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Beide Informationsquellen bieten belastbares Zahlenmaterial, Daten und Fakten rund um die zahnärztliche Berufsausübung. Zur Vorbereitung auf die eigene Niederlassung bieten beide Publikationen hervorragende Informationen.
Zurück zu den Fallwerten und Fallzahlen.
Neben der Patientenfallzahl kommt der Fallwert ins Spiel. Der Fallwert zeigt wie viel Umsatz pro Kassen- und Privatpatient erwirtschaftet wird? Der Kassenpatient Fallwert liegt aktuell bei ca.155,00 €, der Fallwert für den Privatpatienten bei ca. 345,00 €.
Gemeinsam mit dem Fallzahlen erhält man so einen recht guten Eindruck, ob die betreffende Praxis es versteht den maximal zu erzielenden Umsatz zu erwirtschaften, oder ob die Praxis lediglich von der schieren Anzahl ihrer Patienten leben muss?
Eine Praxis mit 400 Scheinen muss demzufolge mehr Umsatz pro Patient erwirtschaften als eine Praxis mit 700 oder mehr Scheinen um überhaupt Überlebensfähig zu sein.

Fortsetzung folgt in kürze.

Veröffentlicht am 03.05.2019

Erfahrungsbericht Praxissuche Teil 3 

Fortsetzung Erfahrungsbericht zur Praxissuche
Wie bereits in Teil 2 angemerkt gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Informationsquellen, um sich einen Überblick über die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen  zu verschaffen. Für einen Existenzgründer gibt es gerade in den ersten ein bis drei Praxisjahren neben der Patientenakquise nichts wichtigeres, als die Unternehmenszahlen und die Kennziffern zur Produktivität der Praxis zu analysieren.
Bei einer Analyse der Praxis Rentabilität tauchen immer wieder die gleichen Fragestellungen auf:
wie viel Umsatz muss pro Stunde erwirtschaftet werden damit am Monatsende alle Rechnungen bezahlt werden können? Der Umsatz pro Zahnarztstunde sollte zwischen 216,00 € und 281,00 € liegen. Dies würde einem durchschnittlichen Wochenumsatz von ca. 9.835 € entsprechen. Bei 48 Praxiswochen im Jahr kommt man so auf einen  Praxisumsatz von ca. 472.080,00 €. Sehr gut hingegen wäre ein Stundenumsatz von mehr als 281,00 € pro Zahnarztstunde. Der Gewinn je Zahnarztstunde liegt im Durchschnitt zwischen 70 € und 92 €. Alles was darüber hinaus geht wäre bereits Spitzenklasse!
Ein weiterer Indikator zur Praxis Produktivität stellt der Umsatz je Mitarbeiter dar. Ein durchschnittlicher Mitarbeiterumsatz liegt zwischen 23.700 € und 30.800 € pro Jahr. Bei Zwei Vollzeitmitarbeitern kommt man so auf einen zusätzlichen Jahresumsatz von ca. 61.600,00 €.

Die Praxis Rentabilität stellt ebenfalls eine äußerst wichtige Information für den Praxisinhaber/Inn dar. Eine Umsatzrendite (Gewinn vor Steuer / Umsatz) einer Einzelpraxis mit einem Behandler sollte daher zwischen 29% und 37% liegen. Befindet sich die betreffende Praxis exakt in solch einem Rentabilitätskorridor wäre das normal.
Liegt die Rentabilität jedoch zwischen 22% und 29% muss zwingend analysiert werden woran das liegt? Fällt die Rentabilität allerdings noch weiter ab, ist bereits ein äußerst kritischer Zustand erreicht. An dieser Stelle ist Vorsicht geboten. So eine Praxis muss massive betriebswirtschaftliche Probleme haben, ansonsten wäre die Rentabilität nicht so weit abgesunken.
Welche Gründe das haben kann, erläutere ich im nächsten Teil 4.

Veröffentlicht am 10 Mai 2019